
3 Fragen an Lila Sax dos Santos Gomes zum Thema Gleichberechtigung
Lila Sax dos Santos Gomes ist Geschäftsführerin und Mitgründerin von Yarrow global Consulting, einem gemeinnützigen frauengeführten Social-Impact-Unternehmen. Außerdem ist sie als Beraterin für Gleichberechtigung und Diversität im öffentlichen Sektor sowie für gemeinnützige Organisationen tätig. Wir haben mit ihr zum Thema Gleichberechtigung in Unternehmen gesprochen.
Wie hängen Gesundheit und Gender zusammen und was hat dich dazu bewegt, in dem Bereich zu arbeiten?
Bisher bestimmt das Bild des weißen Mannes medizinische Forschung und Anwendung. Dies führt dazu, dass zum Beispiel Herzinfarkte bei Frauen oft übersehen werden, da ihre Symptome ganz anders aussehen als bei Männern. Ich möchte, dass unser Gesundheitssystem sich auf individuelle Bedürfnisse ausrichtet, und nicht an überholte Stereotypen. Das bedeutet, dass die medizinische Ausbildung sich verändern muss, aber auch, dass wir als Individuen unsere eigene mentale und körperliche Gesundheit viel ernster nehmen müssen.
Welche Zahlen in Bezug auf die fehlende Gleichberechtigung in der Arbeitswelt findest du besonders alarmierend?
In Deutschland arbeitet ca. jede zweite Frau in Teilzeit. Das an sich ist kein Problem, auch ich arbeite eine Vier-Tage-Woche und setze mich dafür ein, dass wir in der Arbeitswelt die 30 Stunde als Normalität ansehen. Aber wenn Teilzeit dann am Ende zu einer finanziellen Abhängigkeit vom Ehepartner führt, und in Altersarmut endet, dann haben wir ein Problem. Jede fünfte Frau ist von Altersarmut gefährdet, und dabei haben die meisten durch den Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit zentrale Aufgaben übernommen, wie die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen. Diese Care-Arbeit muss auch mehr Wertschätzung erfahren.
Du schreibst »Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir erst im Jahr 2276 die Gleichberechtigung erreichen« – mit welchen Maßnahmen kann der Prozess in Unternehmen konkret beschleunigt werden?
Das World Economic Forums (WEF) hat im Jahr 2019 die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in 153 Ländern untersucht und festgestellt, dass wir mit aktuellen Maßnahmen zur Erreichung von Gleichberechtigung überall zu langsam sind. Diese Zahl hat sich in mein Hirn eingebrannt, weil wir ja im darauffolgenden Jahr in der Pandemie genau gesehen haben, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus vor allem Frauen benachteiligt haben. Meiner Meinung nach müssen Unternehmen vor allem daran arbeiten, dass die Gleichberechtigung als ein Gewinn für alle gesehen wird. Und das bedeutet, dass Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung - auch der Anteil an der Fürsorgearbeit, der von Männern übernommen wird - erhöht werden. Zum Beispiel durch konkrete Unterstützung von Vätern, die Elternzeit nehmen und Anreize zur Arbeitszeitreduzierung von Männern, die Angehörige pflegen.

