Wasserfestschrift 2017
92 | BRUNNEN IN LÜBECK schätzte man in Lübeck den Markt als freie Fläche zum Han- deln und Repräsentieren sowie zeitweise auch für den Verkehr. Der zweite Zierbrunnen jener Zeit hieß Siegesbrunnen und stand am Klingenberg. Auch an ihm konnten sich die Lübecker nur kurz erfreuen – von 1875 bis 1934. Die Reichsgründung wurde 1871 zum Anlass genommen, um auf dem Klingenberg als einem der prominenten Orte der Stadt ein Denkmal zu errichten. Erstellt wurde dann vom Kölner Architekten und Dombaumeister Franz Schmitz ein achteckiges Steinbecken mit kleinen Treppen, verzierten Laternen und vier Frauen gestalten als Allegorien von Wehrkraft, Handel und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft sowie Ackerbau. Die Germania thronte mit Schwert und Kaiserkrone auf der Spitze und blickte die Mühlenstraße entlang. Irgendwann empfand man auch diesen Brunnen als unpassend und beseitigte zunächst einige seiner Schmuckelemente. Später sprach man ihm wie auch dem Zierbrunnen auf dem Markt gänzlich den künstlerischen Wert ab und entschied sich, beide wieder zu entfernen. Im Gegensatz zu dem Siegesbrunnen, von dem keine Elemente mehr erhalten sind, sind zumindest vier Standbilder vom Marktbrunnen erhalten geblieben. Eines von Heinrich dem Löwen befindet sich in der Schildstraße im Logenhaus, die drei anderen sowie zwei Wappen haltende Löwen sind zwischenzeitlich nach Freiburg im Breisgau umgezogen. Was entscheidend zur Entstehung der Lübecker Wasser- versorgung beitrug, war im Jahre 1294 eine wichtige Innovation der Brauer: die Wasserkunst. Schließlich benö- tigten ihre Brauereien jede Menge Wasser, um die Bevölke- rung mit Bier zu versorgen. Also ersannen die erfindungsreichen Brauer die Schöpf- gefäße am Wasserrad, um damit viel Wasser in die Behälter eines Turms vor dem Hüxtertor zu befördern. Von dort floss das frische Nass der Wakenitz durch unterirdische Leitun- gen in die Stadt. Diese neue Idee war so erfolgreich, dass bald die Kaufleutehäuser auch mit „fließend Wasser“ versorgt werden wollten. So entstanden neben den öffentlichen Wasserstellen, die im Mittelalter einen Teil der Bevölkerung mit dem notwendigen Wasser für den Haushalt versorgten, weitere Straßen-, Haus- oder Hofsoden. Diese privaten Brunnen waren in den Anfängen aus Holz gefertigt, bevor man später zur Bauweise aus Steinen überging. Für den Brunnen in der Königstraße schließen die Archäologen auf die Nutzung bis etwa um 1900, was an den Verfüllungen abzulesen ist. Neuzeitlich und damit einer der jüngsten öffentlichen Brunnen Lübecks ist das große, im Juli 1964 in Betrieb gestellte Wasserbecken am Gustav-Radbruch-Platz. Der Burgfeldbrunnen mit seinen Springfontänen erfreute jahrzehntelang Klein und Groß vom Bus oder vom Auto aus sowie die Spaziergänger rund um den weitläufigen Platz. Viele Lübecker erinnern sich an ihn und kannten ihn Der „Goldene Sod“ in der Mengstraße / Ecke Breite Straße
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