Wasserfestschrift 2017

89 Wasser ist Alltag | HEINRICH DER LÖWE Einst zierte er den stolzen Marktbrunnen – Heinrich der Löwe. Als der Brunnen 1934 endgültig abgerissen wird, werden die Skulpturen 1940 nach Freiburg verkauft. Bis auf eine: Heinrich der Löwe. Er bleibt in Lübeck und bezieht Quartier im Archiv der Hansestadt, das 1936 in das Logenhaus der Freimaurer gezogen ist. Und dort steht er noch heute in einer Wandnische des Treppenhauses und erinnert in majestätischer Positur an die für Lübeck bedeutungsreiche Zeit seiner Herrschaft. Geboren wird Heinrich der Löwe ver- mutlich 1129 im oberschwäbischen Ravensburg, sterben wird er im August 1195 in Braunschweig. Er stammt aus der Familie der Welfen und verbringt seine Kindheit und Jugend in Bayern und Sachsen, deren Herzogswürde er später auch übernehmen wird: Ab 1142 ist er Herzog von Sachsen, ab 1156 auch Herzog von Bayern. Gemeinhin als stattlich, gut aussehend und clever beschrieben, macht Heinrich schnell Karriere. Er unter- stützt seinen staufischen Vetter König Friedrich I. Barbarossa auf dessen Feldzügen tatkräftig, hat aber vor allem den Ausbau und die Sicherung der eigenen welfischen Hausmacht im Auge. Und so nimmt er 1147 am sogenannten Wendenkreuzzug gegen die nord- und ostelbischen Slawen- stämme teil, eignet sich dabei Teile des heutigen Mecklen- burg-Vorpommerns sowie die Insel Rügen an und macht Braunschweig zu seiner Residenz. Barbarossa verleiht ihm 1154 das königliche Recht der Investi- tur für die Bistümer Oldenburg, Mecklenburg, Ratzeburg und für alle künftigen Bischofssitze, die der Herzog im heid- nischen Nordelbien noch errichten wird. Kurz darauf beginnt der Löwe mit der konsequenten Organisation der Nordelbi- schen Kirche: Noch 1154 erneuert er das von den Slawen 1066 vernichtete Bistum Ratzeburg, 1158 verlegt er das Bistum Mecklenburg nach Schwerin, 1159 / 60 den Sitz des Bistums Oldenburg nach Lübeck und bestätigt 1169 / 70 deren Ausstattung und Rechtsstatus. Auch den Ostseehandel weitet der Welfe aus. Er privilegiert Ostseehändler und wirbt für „Liubice“. Nach einem Brand 1157 baut er Lübeck wieder auf und es folgen geschickte Verträge mit Gotland, Schweden und Nowgorod. Ebenso gründet er die herzogliche Münze (Prägeanstalt) und trägt zur Finanzierung des Lübecker Doms bei (Baubeginn: 1153). Auch die erste Ratsordnung Lübecks und der heute noch bestehende Straßenverlauf im Stadtkern der Hansestadt gehen auf ihn zurück. Heinrich der Löwe sichert Lübeck die Vormachtstellung im Ostseeraum und damit großen Reichtum – und über Jahrhunderte gehört die Stadt an der Trave zu den wichtig- sten Handelszentren in ganz Nordeuropa.

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